Multisensorisches Lernen – der Lerntyp 2.0

Wir nehmen unser ganzes Leben über unsere Sinne wahr. Wir sehen, hören, riechen, schmecken und fühlen die Welt und was in ihr passiert. Dabei sind die Sinneskanäle für unterschiedliche Menschen unterschiedlich wichtig und einprägsam. Daher hat man relativ lange sogenannte Lerntyp-Tests durchgeführt, über die man den jeweils dominanten, also besonders wichtigen, Kanal für einen Menschen bestimmt hat. Diesen Kanal sollten die Menschen dann nutzen, um möglichst leicht lernen zu können. So wurde z.B. auditiven Menschen empfohlen, dass sie das zu Lernende in irgendeiner Form aufnehmen und sich immer wieder anhören sollten. Oder kinästhetischen Menschen wurde nahegelegt, dass sie sich während eines Vortrags oder einer Unterrichtsstunde Notizen machen, da dies ihren bevorzugten Kanal des Fühlens bedient. Auf diese Weise passen wir unseren Arbeits- und Lern-Stil unserem Gehirn an und machen es ihm leichter.

Die bildgebenden Verfahren haben nun einen weiteren wesentlichen Punkt hinzugefügt, der die Lerntyptests überflüssig macht: je mehr Sinneskanäle gleichzeig bespielt werden, desto mehr Gehirnareale sind gleichzeitig aktiv, um das Erlebnis wahrzunehmen und zu verarbeiten. Dadurch wird das Erlebnis nicht nur für uns, sondern auch für unser Gehirn intensiver und interessanter. Und je intensiver unser Gehirn etwas wahrnimmt, desto wahrscheinlicher, dass es sich diese Situation oder Information merkt und abspeichert.

Das bedeutet z.B., dass eine mathematische Formel, die wir einmal leise für uns lesen, weniger Aktivität und damit Bereitschaft zum Abspeichern in unserem Gehirn auslöst als eine Formel, die wir laut lesen und damit gleichzeitig auch hören. Und das gilt für alle Menschen – auch für die visuell dominanten.

Fazit: Tue Deinem Gehirn einen Gefallen und lerne multisensorisch!

Je mehr Sinne Du beim Lernen integrierst, desto leichter fällt es Deinem Gehirn, sich die Dinge zu merken.

Beispiel: Multisensorisch Vokabeln lernen

Schreibe Vokabeln ab und sprich sie dabei laut aus: Du siehst sie beim Lesen. Du hörst sie, weil Du sie aussprichst. Und Du fühlst oder „tust“ sie, während Du sie schreibst.

Wenn Du jetzt denkst: „Moment mal, das ist ja mehr Arbeit und nicht weniger – wo bitte ist denn dabei der tolle Lern-Tipp?“, dann hast Du in gewisser Weise Recht – es ist mehr Arbeit. Und durch diese Mehrarbeit erhöhen wir die Intensität für unser Gehirn und bewegen es dazu, sich die Vokabel zu merken. Die Alternativen sind entweder die Vokabel zu ignorieren und nicht zu können oder sie sehr häufig und immer wieder wiederholen zu müssen, bis sich Dein Gehirn irgendwann gnädig erweist und auch dieses Wort abspeichert.

Dabei gilt natürlich: nicht alle Vokabeln sind gleich. Bei manchen wird ein einmaliges Lesen reichen – bei anderen eben nicht. Wende diese Lerntechnik dort an, wo sie Dir hilft. Bei für mich wirklich schwierigen Wörtern habe ich die obige Taktik einfach mehrfach hintereinander angewendet: gelesen, gesprochen, geschrieben >> gelesen, gesprochen, geschrieben >> gelesen…. Bis das Wort saß. Und dann konnte ich aber auch einen Haken dahinter machen.

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